Beschwerde des Müllers Henrich Kuche zu Josbach wider den Schullehrer Flor daselbst wegen Mißhandlung seines Sohnes   1819-1820

 

Schreiben des Müllers Henrich Kuche zu Josbach, 5.4.1819, an das Konsistorium zu Marburg

 

Ich bin Müller und wohne etwa eine gute Viertelstunde von Josbach und bin ich sowohl als meine verstorbene Ehefrau der reformierten Confession zu gethan.

Ich habe nun zwey Kinder, ein Mädchen von 12 Jahren und ein Junge von 10 Jahren welche ebenfalls die reformierte Religion annehmen müssen; weil inzwischen Jossbach keine reformierte Schule ist, so werden die Kinder bis zu den Jahren der Konfirmation in die lutherische Schule gehalten und wird auch der Schullehrer bezahlt.

Da nun das ältere Mädchen die Jahre erreicht hatte, daß es zur reformierten Schule musste und weil ich vom Dorf, wie schon gesagt, entfernt liege, mithin dieses Kind, was nach Wolferode einen Wald passieren muss, nicht alleine gehen lassen wollte, so habe ich seit dem Monat Dezember den 10 jährigen Knaben aus der Josbacher lutherischen Schule genommen und nach Wolferode in die reformierte Schule, worin ohnedem eine ganz andere Lehranstalt ist, geschickt, da hingegen aber dem Schullehrer in Josbach den Schullohn richtig bezahlt, und den ich auch für die Zukunft solange ich dazu verbunden bin, zahlen will.

Über diesen Vorgang ist dann der lutherische Schullehrer Flor von Josbach so erbost geworden, dass er mein Söhnchen, das im Lernen und dem Singen nach seinem Alter auch den ihm gebührenden Rang zu behaupten weiß, in der Kirche ganz herunter bis unter die niedrigste Classe gesetzt und denselben mit Stößen und anderen Krobheiten so misshandelt, dass ich das Kind in langer Zeit nicht wieder in die Kirchen bringen konnte.

Um nun diesem Übel abzuhelfen und damit das Kind noch in der Ordnung bleiben möge, habe ich solches gestern mit aller Gewalt in die Kirche gebracht und auf seine ihm gebührende Stelle gestellt, in demselben Augenblick nun stieß ihn der Schullehrer Flor und wies ihn aus der Linie heraus und stellte ihn wieder unter die Kinder, welche im ABC Buch lernen.

Hierauf kam nun mein Kind auf meinem Kirchenstand, indessen trieb es der Schullehrer so wiet, daß er zu mir kam und suchte nun das Kind gewaltsam hinwegzunehmen, was ich jedoch nicht zugeben konnte.

In dem dieses Benehmen des Schullehrers aus offenbarer Bosheit geschieht, welche dem Geistlichen, besonders in öffentlicher Kirche nicht geziemt, so will ich gnädigem kurfürstlichen Consistorii davon Anzeige thun und bitte unterthänigst dem Schullehrer Flor dieses unschickliche Benehmen nicht nur nachdrücklich zu verweisen, sondern denselben auch gebührend zu bestrafen und jemands Kind den Stand in der Kirche, wohin es gehört der Ordnung gemäß anzuweisen.

 

24. April 1819 Schreiben des Consistoriums an das Justizamt Rauschenberg sowie den Josbacher Pfarrer Mumm

 

Die Angelegenheit soll untersucht werden und Bericht erstattet werden.

 

5. Februar 1820 Schreiben des Rauschenberger Amtmannes an das Consistorium

 

Der Amtmann behauptet, das Schreiben des Henrich Kuche nie erhalten zu haben, ebenso Pfarrer Mumm.

 

12. Februar 1820 Schreiben des Consistoriums an das Justizamt Rauschenberg sowie an Pfarrer Mumm

 

Abschrift des Beschwerdeschreibens wird zugestellt.

 

23. Februar 1820 Protokoll des Rauschenberger Amtmannes über die erfolgte Untersuchung der Beschwerde des Henrich Kuche

 

Henrich Kuche wurde am 17. Februar zum 23. Februar nach Rauschenberg vorgeladen und erklärte folgendes:

Durch den Halsdorfer Bothen wäre ihm im vergangenen Jahr ein Brief überbracht worden, welcher auf der Post angekommen. In diesem Brief habe ein versiegeltes Schreiben an das Amt allhier in Rauschenberg und an Pfarrer Mumm gelegen; die Kosten in Höhe von einem Reichsthaler habe er dem Bothen bezahlt.

Allein das Kurfürstliche Regierungsschreiben wäre ihm aus der Mühle weggekommen und er habe auch nicht dahinter kommen können, auf welche Weise oder durch wen solches verbracht worden sei. Weil er nun dieses Schreiben nicht habe abliefern können, so habe er die Sache auf sich beruhen lassen. Er wolle auch solche nicht weiter betreiben. Es wäre ihm am liebsten, wenn die weitere Untersuchung der Sache unterbleiben könne, da er sich mit dem Schullehrer Flor ausgesöhnt habe und sich der Schullehrer seither gegen ihn und gegen die Kinder ordentlich betragen habe.

 

 

Staatsarchiv Marburg, Bestand 19e 511

(Beschwerde des Müllers Henrich Kuche zu Josbach gegen den dortigen Schullehrer Flor)